Ilija Trojanow: Der Weltensammler
Weltliteratur für Genießer! Eines der besten Bücher, die ich je gelesen habe. Und in jeder Hinsicht Weltliteratur. Trojanow, selbst ziemlich herumgekommen, folgt hier den Spuren Richard Burtons der als sprachbegabter Offizier der britischen Krone Mitte des neunzehnten Jahrhunderts Indien, Arabien und Afrika bereist hat. Trojanow erzählt sprachgewaltig und mit umwerfender Sinnlichkeit.
Was mir besonders gefällt: Er schildert nicht nur völlig verschiedene Welten. Er zeigt auch nebenbei, wie sich Welten sprachlich ausdrücken. In Indien begleitet ein Schreiber die Erzählung. Zu ihm kommt der Diener Burtons, damit der Schreiber ihm hilft, seine Forderungen durchzusetzen – ein sehr kompliziertes Unterfangen, das zahlreiche Besuche beim Schreiber erfordert. In Arabien wird die Erzählung durch ein Streitgespräch ergänzt, das ein Kadi, ein Sharif und ein Gouverneur führen. Diese diskutieren Burtons Verhalten, der sich als Moslem ausgegeben und die Hadsch absolviert hat. In Afrika ist es ein traditioneller Erzähler, der auf der Straße sitzend seinen Nachbarn Burtons Geschichte erzählt. Durch das ganze Buch zieht sich zusätzlich ein Erzählstrang, der aus Burtons Perspektive (in der dritten Person) die Geschehnisse schildert.
Bei all dieser Vielseitigkeit und Vielschichtigkeit liest sich das Buch sehr leicht und genussvoll. Lediglich die ersten vier Seiten können verwirren, was ich sehr schade finde, da dies sicher manche Leser abschreckt. Wer diese übersteht, wird mit einem großartigen Leseerlebnis belohnt!
Mona Jeuk
